Industrie 4.0 und Ihre Auswirkungen

1. Die vierte industrielle Revolution der Digitalisierung

Die Industrie steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Nach der Mechanisierung, der Elektrifizierung und der Computerisierung erleben wir zurzeit die vierte industrielle Revolution: die Digitalisierung. Industrie 4.0 hält Einzug in die Fabrikhallen, d.h. Menschen, Maschinen, Anlagen und Produkte kommunizieren in Echtzeit miteinander. Produktionsabläufe werden effizienter organisiert, Umwelt und Ressourcen geschont und Kosten gespart. Individuelle Kundenwünsche können einfacher berücksichtigt werden, neue Geschäftsmodelle tun sich auf. Kurz gesagt: Industrie 4.0 bietet große Chancen für den Industriestandort Deutschland und für die 15 Millionen Beschäftigten, deren Arbeitsplätze direkt und indirekt von der produzierenden Wirtschaft abhängen.

2. Der Produktionssektor als Garant für die Wettbewerbsfähigkeit

Ein intakter und innovativer Produktionssektor ist ein Garant für die stabile Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Während der letzten Wirtschaftskrise und der anschließenden schnellen wirtschaftlichen Erholung wurde dies deutlich. Daher wird es für Deutschland auch zukünftig wichtig sein, Produktion konkurrenzfähig im Land zu behalten.

3. Anforderungen an die künftige Produktion

Die Anforderungen an die Produktion der Zukunft sind gewaltig. Die Entwicklung hin zu immer volatileren Märkten, das Wachstum neuer global agierender Marktteilnehmer, schnelllebige Absatzmärkte, kundenspezifische Produkte und immer diffizilere Produktionsprozesse ist schon heute zu erkennen. Gleichzeitig gilt es, das Produktivitäts- und Qualitätsniveau unverändert hoch zu halten. Dies erfordert schneller anpassungsfähige Produktionssysteme und Mitarbeiter.

4. Zur Innovationskraft des Internets

Aktuell hält das Internet Einzug in die Fabrikhallen. Und auch wenn es heute vielerorts noch schwer vorstellbar ist, dass sich die konventionelle Steuerungskaskade in ein Internet der Dinge und Dienste überführen lässt, zeigen doch die Erfahrungen aus dem Bereich der Wissensarbeit, dass eine echtzeitnahe Verknüpfung vieler Objekte neue Geschäftsmodelle hervorbringen kann. Noch vor zehn Jahren war es für die wenigsten vorstellbar, dass Unternehmen wie Apple, Amazon, Facebook und Google nicht nur mit dem Internet Geld verdienen sondern im Wert sogar etablierte Firmen weit übertreffen. Aber auch hier hat es eine Dekade gebraucht, um aus Visionen und Ideen tragfähige Geschäftsmodelle und bares Geld zu machen. Ähnliches ist für die Nutzung intelligenter Objekte in den Fabriken von morgen zu erwarten.

5. Internetfähige Industrie 4.0

Neue Wege, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden, verspricht die internetfähige Industrie 4.0. Zu den neuen Technologien gehören Social Media, Mobilgeräte sowie cyber-physische Systeme, die auch im Produktionsbereich genutzt werden. Kenner vertreten die Ansicht, dass eine konkurrenzfähige Produktion gerade im Hochlohnland Deutschland zukünftig auf diese Möglichkeiten nicht verzichten kann. Die Ausgangsbasis Deutschlands ist gut. Deutschland hat einen starken, global konkurrenzfähigen Produktionskern und nimmt in vielen Bereichen eine dominante Stellung ein. Es kommt nun für die deutsche Wirtschaft darauf an, in dieser Entwicklung ihren Innovationsvorsprung weiter auszubauen. Deutschland muss das Thema Industrie 4.0 für einen echten Wettbewerbsvorteil nutzen. Momentan stecken wir mitten in den Anfängen einer vierten industriellen Revolution. Viele neue Möglichkeiten ergeben sich und sollten genutzt werden.

5.1 Beispiel Automatisierungslösung

Industrie 4.0 wird beispielsweise Automatisierungslösungen zukünftig universeller, sicherer und anpassbarer gestalten und somit auch für immer kleinere Serien nutzbar machen. In vielen Bereichen werden sie verstärkt zum Einsatz kommen und Mitarbeiter wirkungsvoll entlasten. Die extremen Flexibilitätsanforderungen der Zukunft markieren allerdings die Grenzen der Automatisierung einer kundenindividuellen Produktion. Vollautomatische Produktionshallen werden auf absehbare Zeit nur für spezielle Anwendungsfälle möglich sein.

5.2 Beispiel Sensorik

Industrie 4.0 ermöglicht durch die umfassende Bestückung der Produktion mit Sensorik und die durchgehende Vernetzung intelligenter Objekte, Produktionsdaten in einer völlig neuen Qualität. Es entsteht ein echtes Abbild der Produktion, als wesentliche Voraussetzung für eine neue, dezentrale und echtzeitfähige Produktionssteuerung. Eine derartige Produktonssteuerung kann zukünftig viel kurzfristiger mit ungleichmäßiger Auslastung zurechtkommen und komplexere Entscheidungen in einem kundenindividuellen Produktionsumfeld dezentral treffen. Diese Dezentralisierung verlangt eine aktuelle Datengrundlage, die umfassende Vernetzung sowie eine schnelle Kommunikation um übergreifende Abläufe und Prozesse zu kontrollieren und zu koordinieren. Trotz intelligenter Technologien werden die Menschen weiter die wichtigste Kontroll- und Entscheidungsinstanz bleiben. Auch hier bietet die Industrie 4.0 neue Möglichkeiten. Mitarbeiter nutzen zukünftig verstärkt mobile Endgeräte, die sie mit maßgeschneiderten Informationen versorgen, um schnell und effizient komplexe Entscheidungen fundiert zu treffen, die Maschinen auch in absehbarer Zeit nicht übernehmen können.

6. Zukünftige Bedeutung des Menschen

Menschlicher Arbeit wird auch weiterhin eine wichtige Rolle zukommen. Eine erfolgreiche Produktion beruht auch zukünftig auf gut ausgebildeten und motivierten Beschäftigten.
Die zukünftige Bedeutung des Menschen zeigt sich auch daran, dass die Personalflexibilität für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens besonders wichtig ist. Die Bedeutung und die Anforderungen an die Personalflexibilität werden in Zukunft weiter steigen. Unternehmen müssen Mitarbeiter ausreichend qualifizieren und sich auch über neue Instrumente Gedanken zu machen. Dazu gehört z.B. die direkte, kooperative Abstimmung der Mitarbeiter über die Aufgaben- und Schichtverteilung.

7. Fazit

Die vierte industrielle Revolution wird revolutionäre Auswirkungen auf die Produktion in Deutschland haben. Die Ausbreitung wird jedoch evolutionär sein.

  1. Automatisierung wird für immer kleinere Serien möglich. Dennoch bleibt menschliche Arbeit weiterhin wichtiger Bestandteil der Produktion.
  2. Flexibilität ist nach wie vor der Schlüsselfaktor für die Produktionsarbeit in Deutschland. Künftig aber noch kurzfristiger als heute.
  3. Flexibilität muss in Zukunft zielgerichtet und systematisch organisiert werden. Pauschal-Flexibilität reicht nicht mehr aus.
  4. Dezentrale Steuerungsmechanismen nehmen zu. Vollständige Autonomie dezentraler, sich selbst steuernder Objekte gibt es aber auf absehbare Zeit nicht.