Echtzeit-Ethernet-Kommunikation

Um zukünftigen Anforderungen zur Echtzeitkommunikation auf der Basis von Ethernet gerecht werden können, müssen Hersteller und Entwickler Fortschritte in den Bereichen der Hardware der Steuerungen, der I/O-Endgeräte und der zu verwendenden Infrastruktur machen. Es gilt dabei zu berücksichtigen, dass die unterschiedlichen Architekturen auch jeweils auf verschiedenen Techniken der Ethernet-Kommunikation aufsetzen. Für EtherNet/IP sind etwa besonders leistungsfähige Switches notwendig. Powerlink hingegen verlangt nach der Hub-Technologie, bei Ethercat und Profinet werden spezielle ASICs in die Netzwerkte4ilnehmer integriert.

Die allgemeine Situation

Heute werden klassische Feldbussysteme wie etwa Profibus, Interbus oder DeviceNet als echtzeitfähig deklariert. Eine genau Definition von Echtzeitfähigkeit gibt es nicht. Als Echtzeit werden solche Systeme bezeichnet, die in der Lage sind, die Signale und die dabei entstehenden Reaktionszeiten auf schnell genug (bezogen auf die jeweilige Aufgabe) zu senden. Kann in dieser Zeit zusätzlich noch ein absoluter Determinismus eingehalten werden, so lassen sich die Systeme als hart echtzeitfähig charakterisieren. Ein CPU Signal kann mittels deterministischer Systeme wie Sercos und Interbus bis auf eine systembedingte Abweichung auf einige Mikrosekunden genau berechnet werden. Genau in diesem angesprochenen Bereich hat das Ethernet mit seiner Standard-TCP/IP-Kommunikation die größten Stärken.
Es kann also festgehalten werden, dass die Fähigkeit eines Systems, auf alle Ereignisse korrekt, rechtzeitig und unabhängig von äußeren Einflüssen zu reagieren, als Echtzeitfähigkeit deklariert werden kann. Die genauen Anforderungen an die Echtzeiteigenschaften werden mittels einer garantierten Antwortszeit angegeben. Zudem lassen sich harte und weiche Anforderungen im Bereich der Echtzeit unterscheiden. Als hart einzustufen sind solche Anforderungen, die bei Nichterfüllung direkt zu einem Fehlverhalten des Systems führen. Verletzungen weicher Anforderungen hingegen führen lediglich zu einem Verlust der Leistungsfähigkeit.
Besteht ein System aus verteilten Komponenten, dann spielen nicht nur die Eigenschaften der Komponenten, sondern auch die Eigenschaften des verwendeten Bussen zwischen den jeweiligen Teilnehmern eine wichtige Rolle. Dabei sind die Parameter des Kommunikationssystems als anzurechnende Größen zu betrachten. Dazu zählen etwa die Synchronfähigkeit, die Abweichung der Latenszeit oder der Netto-Durchsatz. Als besonders kompliziert haben sich Anforderungen an die Sychronität verschiedener, an einer einzigen Aufgabe beteiligter Netzknoten erwiesen.

Die Basis

Ein System muss einige Voraussetzungen erfüllen, um bei einer Nutzung von Ethernet echtzeitfähig zu sein. Nachfolgend seien diese kurz erläutert.
Endgeräte müssen dazu in der Lage sein, Informationen innerhalb einer vorgegebenen Zeit zu verarbeiten. Dabei muss die Übertragung der Daten zwischen den Teilnehmern in einer deterministischen Zeit erfolgen. Dazu ist der ursprüngliche Ansatz (CSMA/CD) des Ethernet nicht geeignet. Hierbei waren Kollisionen und damit Verzögerungen denkbar. Gegenwärtig gibt es aber bereits zwei Mechanismen, die die Anforderungen erfüllen. Einerseits kann die Netzauslastung stark reduziert werden. Auf diese Weise wird die Gefahr von Kollisionen minimiert. Das ist in der Regel problemlos möglich, da die auf Ethernet basierenden Systeme meist über eine üppige Bandbreite verfügen. Andererseits erlaubt Ethernet die Vollduplex-Kommunikation zwischen zwei Knoten über getrennte Sende- und Empfangskanäle. Dabei wird die Kollisionsüberwachung in den Knoten deaktiviert. So ist es zu jedem Zeitpunkt möglich, Daten störungsfrei bis zum nächsten Knoten zu übertragen.
Eine weitere Anforderung an echtzeitfähige Systeme liegt darin, die Verteilung der Ethernet-Telegramme durch Switches in einer festen Zeit abzuwickeln. Es gilt hierbei, einige Besonderheiten zu berücksichtigen. Die Weiterleitungszeit kann von der Auslastung des Netzes abhängen. Grund hierfür ist, dass die Ethernet-Frames zwischen Ein- und Ausgangsspeicher sortiert werden müssen. Zudem kommt die Gesetzmäßigkeit der Warteschlangentheorien zur Anwendung. Das ist immer dann der Fall, wenn Datenpakete aus unterschiedlichen Verbindungen gebündelt werden müssen. Dabei kann es sich um Daten handeln die in Echtzeit zur Steuerung geroutet werden sollen oder Telegramme die Ein- und Ausgangsdaten für eine Visualisierung bereitstellen sollen. Um diesen Engpass zu entschärfen, kann eine Priorisierung der zu übertragenden Pakete stattfinden.
Zu Letzt müssen in Netzen mit redundanten Pfaden Broadcast-Stürme verhindert werden. Auf Basis des Spanning Tree Protocol kann die automatische Konfiguration der Netzwerke unter Umständen einige Minuten in Anspruch nehmen. Verabschiedet ist die Erweiterung dieses Algorithmus in der IEEE 802.w.

Spanning Tree

Das Spanning Tree Protocol soll verhindern, dass redundante Netzwerkpfade im LAN entstehen. Speziell sind geswichte Umgebungen hiervon betroffen. Dabei ist es in der IEEE-Norm 8021.D standardisiert.
Ein Netzwerk darf zu jedem möglichen Ziel immer nur einen aktiven Pfad haben. Ansonsten könnten Datenpakete dupliziert werden und mehrfach am Ziel eintreffen. Das würde zu Fehlfunktionen in darüber liegen Netzwerkschichten führen und schlussendlich die Leistungsfähigkeit des System schmälern.
Allerdings gilt es zu beachten, dass redundante Netzwerkpfade nicht grundsätzlich schlecht sind. Sie dienen als Backup für den Fehlerfall und können so größeren Ausfällen vorbeugen. Um beiden Bedürfnissen gerecht zu werden, wurde der Spanning-Tree-Algorithmus entwickelt. Für die Kommunikation zwischen den Bridges kommt das Bridge Protokoll zum Einsatz. Die Pakete werden auch Bridge Protocol Data Unit (BPDU) genannt.
Als Erstes müssen Anwender unter den Spanning-Tree-fähigen Switches im Netzwerk eine so genannte Root Bridge auswählen. Dieses dient als Wurzel des Netzwerks. Optimalerweise wird ein Switch gewählt, der etwa vom Projektierer aus leicht zu erreichen ist oder an exponierter Stelle im Netzwerk zur Verfügung steht.
Die Auswahl der Root Bridge erfolgt dadurch, dass alle Brdiges ihre jeweiligen Identifikationsnummern an eine bestimmte Multicast-Gruppe mitteilen. Die Bridge, welche die niedrigste Nummer besitzt, wird dann automatisch zur Root. Gibt es identische IDs, so ist die MAC-Adresse das nächste Auswahlkriterium. Von der Root Bridge aus werden dann die Pfade festgelegt, über die die anderen Bridges erreichbar sind. Entstehen dabei redundante Pfade, so werden die entsprechenden Switches mit den jeweiligen Port deaktiviert. Mittels Pfadkosten lassen sich dann die Pfade bestimmten, über die im Endeffekt kommuniziert werden soll und darf. Die Kosten werden von den ansässigen Bridges ermittelt. Dabei ist die Höhe der Pfadkosten abhängig vom Abstand zur Root Bridge und dem zur Verfügung stehenden Uplink zum Ziel. So hat ein 10 Mbit/s etwa deutlich höhere Kosten als ein 100 Mbit/s Uplink zum selben Ziel und würde dabei nicht berücksichtigt werden. Somit ist jedes Teilnetz im LAN nur noch über eine einzige Bridge erreichbar.